Wieso Europa die Erfolgsgeschichte Äthiopien braucht.
Äthiopien ist seit 1993 Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Der Staat hat aktuell nicht mehr viel mit dem Entwicklungsland von einst zu tun. Innerhalb von einem Jahrzehnt ist der einstige Krisenstaat zum Erfolgsmodell avanciert. Seit 2005 wächst die Wirtschaft im Schnitt zwischen acht und zehn Prozent pro Jahr. Mit riesigen Infrastrukturprojekten wurde die Basis dafür geschaffen: Bahnlinien, Straßen und Dämme wurden ausgebaut, Textil-, Leder- und Nahrungsmittelfabriken ins Land gelockt.
Internationale Geber haben in den vergangenen Jahren viel Geld ins Land gepumpt. Entwicklungszusammenarbeits-Organisationen zeigen sich zufrieden: die landwirtschaftliche Produktivität stieg um durchschnittlich 6,6 Prozent. Die Haupterwerbsquelle des Landes bleibt der Agrarsektor. Rund drei Viertel der Erwerbstätigen arbeiten in diesem Sektor.
Sorge wegen Hungersnot … Ernährungssicherheit ist auch aus einem anderen Grund ein entscheidender Faktor: Äthiopien hat diesen Sommer als Folge des Klimaphänomens El Niño die schlimmste Dürre seit 30 Jahren erlebt. Zwei Jahre regnete es sehr wenig oder fast gar nicht. Ernteausfälle im großen Maßstab sind die Folge. Fast ein Fünftel der Bevölkerung braucht Nahrungsmittelhilfe.
Österreich reagierte mit einer „Umwidmung“ von laufenden Projekten sowie zusätzlichen Geldern, insgesamt 6,6 Millionen Euro.
… und Migration. Die Sorge vor mehr Migration aus Afrika spielt beim Engagement eine entscheidende Rolle: „Wenn wir jetzt tatenlos bleiben, wird es zu neuen Migrationswellen kommen“, betonte Außenminister Sebastian Kurz Anfang des Jahres in Bezug auf eine drohende Hungersnot in Äthiopien.
Auch bei der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel stand Migration im Rahmen einer Afrika-Reise ganz oben auf der Agenda, als sie im Oktober Mali, Niger und Äthiopien besuchte. Alle drei sind Herkunftsländer, aber auch Transit- und Aufnahmeländer für MigrantInnen. Allein in Äthiopien halten sich 800.000 Flüchtlinge auf, vor allem aus Eritrea, Somalia und Südsudan.
Diesen Staaten sagte Merkel Unterstützung zu. Im Rahmen ihres Besuches in Addis Abeba weihte die deutsche Bundeskanzlerin einen Neubau auf dem Gelände der Afrikanischen Union ein. Das Julius-Nyerere-Gebäude wurde mit 30 Millionen Euro von Deutschland finanziert. Zu den Protesten in Äthiopien sagte Merkel im Rahmen der Eröffnung, dass eine lebendige Zivilgesellschaft zu einer sich entwickelnden Gesellschaft gehöre.
Sollten die Demonstrationen wieder aufflammen, wird sich zeigen, ob der Westen langfristig den Spagat schafft, Äthiopien als Partner, nicht zuletzt in Sachen Migration, zu behalten und Demokratisierung einzufordern.
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